Pro Quote Regie begrüßt den Vorstoß von Christine Strobl sich für mehr Regisseurinnen bei Degeto-Projekten einzusetzen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung auf 20 Prozent Mehrbeschäftigung kann dabei nur ein Anfang sein, ist aber sicherlich ein erster Schritt mit Signalwirkung.
MehrVorschläge von Pro Quote Regie für Maßnahmen für die Gleichstellung von Regisseurinnen an TV-Anstalten, Politik und Filmförderungen
I. Vorschläge für TV Anstalten:
Hinweis: Die Fernsehsender haben eine zentrale Schlüsselposition, da sie nicht nur die Vergabe der Regiepositionen für Fernsehfilme steuern. Auch für die Einreichung eines Kinoprojektes bei einer Filmförderung muss in der Regel vorab ein Sender, der sich am Projekt beteiligt, gefunden worden sein.
Wir schlagen vor:
1. Jährliches Monitoring (extern) : wie viele Filme wurden von Frauen, wie viele von Männern inszeniert?
2. Festlegung einer gendergerechten Zielvorgabe bei der Auftragsvergabe.
Für die Zielvorgabe sollte ein Zeitraum anberaumt werden. Wenn die Zielvorgabe nicht erreicht wird, sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.
Das heißt auch, dass der Pool von Regisseurinnen, aus dem geschöpft wird, erweitert werden muss. Die Zahl erfahrener Regisseurinnen ist groß, aber viele sind über extrem lange Zeiträume arbeitslos. Vorschlag für die Zielvorgabe:
30% innerhalb von 3 Jahren, 42% innerhalb von 5 Jahren und 50% innerhalb von 10 Jahren.
3. Thema Serie: es gibt extrem viele Serien, die lange Zeit nur von Männern inszeniert wurden. Warum das nicht mal umdrehen? Auf jeden Fall auch in diesem Bereich verstärkt Regisseurinnen beschäftigen (auch hier: Monitoring und Zielvorgaben).
4. Analyse der internen Strukturen – Mut zum Kulturwandel.
Die Wirtschaft ist der Kultur in vielen Bereichen inzwischen voraus. So haben sich z.B. die großen Konzerne Allianz, BASF, Bayer AG, Bosch, Daimler, DB, Infinion und Microsoft geschlossen für eine Studie der Fraunhofer Gesellschaft zur Verfügung gestellt, in der die Unternehmensstrukturen dieser Unternehmen unter Genderaspekten durchleuchtet und Änderungsvorschläge erarbeitet wurden.
Nur wenn man, am besten von einem Aussenstehenden, die eigene Struktur analysieren lässt und sich der Firmenkultur“/Senderkultur bewusst wird, kann man herausfinden, wo die Hebel für einen Wandel liegen. Die Studie ist abzurufen unter: http://www.unternehmenskulturen-veraendern.de/
Dem Vorbild Schwedens folgend ist die Bewusstmachung von Stereotypen ein zusätzliches wichtiges Tool, um eine Veränderung in Gang zu setzen. Dort besuchten Produzenten, Redakteure und Filmförderer Seminare der Genderforscherin Prof. Anna Wahl an der KTH Stockholm (Change Program), was entschieden zu einem Bewusstseinswandel führte.
5. Wir schlagen vor, dem schwedischen Modell zu folgen und Weiterbildungsseminare im Sinne eines Change Programs in den Sendern für alle Entscheiderinnen und Entscheider zu etablieren.
6. Bis zur Einführung der Zielvorgabe sollten von den Fernsehanstalten Signale an Produzenten ausgesandt werden, dass Frauen in der Regie willkommen sind. Freie Produzenten befinden sich in einem wirtschaftlichen Überlebenskampf. Sie schlagen den Sendern ‚Pakete‘ bestehend aus Stoffen, AutorInnen, RegisseurInnen vor, von denen sie glauben, dass sie ihre Chancen für eine Auftragsvergabe erhöhen. Noch immer denken viele Produzenten, dass eine weibliche Regie eher projekthemmend denn förderlich bei den Sendern wirkt. Deutliche Signale der TV Redakteure, dass die Zusammenarbeit mit Regisseurinnen willkommen ist, sind ab sofort notwendig.
7. Vorschlagslisten. Auf den Vorschlagslisten der Produzenten an den Sender müssen in gleicher Zahl männliche und weibliche Regisseure genannt werden.
8. Besetzung der Gremien in den Sendern. Bei der Besetzung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat soll innerhalb einer gesetzten Zeitvorgabe eine paritätische Besetzung gewährleistet werden. Hier müssen Frauenräte und Gruppen, die sich mit Gendergerechtigkeit befassen, eine Berücksichtigung finden. Ebenso ist für uns als Regisseurinnen nicht ersichtlich, wieso der Journalistenverband e.V. einen festen Sitz hat, aber eine Vertreterin einer der Verbände der kreativen Urheber, zum Beispiel des BVR oder des VDDs nicht. Hier allgemein eine Vertreterin aus dem Bereich Film und Medien zu nennen, ist zu wenig.
9. Rundfunkstaatsvertrag. Wir schlagen vor einen Gleichstellungsparagraphen zu installieren, der die Gleichstellung nicht nur innerhalb der Sender regelt, sondern die gendergerechte Verteilung der öffentlich-rechtlichen Gelder gewährleistet – gleich, ob es sich hierbei um interne oder externe Produktionen handelt. Fast das gesamte fiktionale Programm wird von Auftragsproduzenten realisiert. Hier fühlen sich die Sender nicht zuständig, obwohl viele dieser Auftragsproduzenten direkte und indirekte Sendertöchter sind. Diese Gesetzeslücke gilt es zu schließen, indem der Gleichstellungsparagraph sich auf die gendergerechte Aufteilung der Gelder bezieht und damit auch auf die Auftragsproduktionen. Mit einem einfachen Zusatz, wo es um die Programmerstellung geht, wäre schon viel erreicht. Hier schlagen wir den Zusatz vor: „Der WDR achtet bei der Erstellung der Angebote auf eine gendergerechte Verteilung der Gelder.“
II. Vorschläge für Politik/Filmförderungen
1. Rundfunkstaatsverträge: Bei den anstehenden Änderungen der Rundfunkstaatsverträge zwischen den Ländern und der jeweiligen Fernsehanstalt soll nach Vorbild der Schweden ein Passus wie folgt eingefügt werden:
„Es wird darauf geachtet die Geschlechtergerechtigkeit im Film zu erhöhen. Das Ziel besteht darin, bis zum Ende der Gesetzesperiode die Fördersumme für Drehbuch- und Produktionsförderung, gezählt an der Anzahl der geförderten Projekte, gleichmäßig zwischen Frauen und Männern in den Positionen Autor/Autorin, Produzent/ Produzentin, Regisseur/Regisseurin zu verteilen. Diese Zielvorgabe wird auf alle Filmkategorien angewendet, Spielfilm, Kinderfilm, Jugendfilm, Dokumentarfilm und Kurzfilm.“
2. Filmförderungsgesetz. Auch bei der Novellierung des Filmförderungsgesetzes auf Bundesebene soll o.g. Passus aufgenommen werden.
3. Zielvorgaben/Stufenmodell. Die Politik soll Zielvorgaben machen, indem sie die Filmförderungen anweist, dass z.B. ab in zwei Jahren 30 Prozent der Gelder an Frauen in der Regie/Drehbuch/Produktion vergeben sein müssen. Sollte dem nicht so sein, werden die Gelder nicht vergeben. Ausnahmen sollten möglich sein, z.B. wenn nachweislich nicht genug Anträge von Frauen eingegangen sind.
4. paritätische Besetzung der Gremien. Aufforderung an die Verbände, Frauen zu entsenden. Auch hier eine Vorgabe machen: in drei Jahren müssen alle Sitze paritätisch vergeben sein. Wenn nicht, bleibt der Stuhl leer.
Abschließend möchten wir alle Institutionen auffordern sich für eine Qualitätsdebatte zu öffnen. „Qualität statt Quote“ ist ein Schlagwort, das uns oft entgegengehalten wird. Aber Qualität ist ein dehnbarer und auch immer subjektiver Begriff. Er sollte regelmäßig überprüft werden, damit er nicht missbraucht wird, um vorgegebene Strukturen zu erhalten.
MehrDeutsche Film-Regisseurinnen: Billiger, aber besser
Spiegel Online | 09.02.2015
Rostock – Frauen sind im deutschen Kinofilm deutlich unterrepräsentiert. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Rostock. Wie Elizabeth Prommer, Leiterin der Untersuchung, mitteilte, sei nur jeder fünfte deutsche Spielfilm zwischen 2009 und 2013 von einer Frau inszeniert worden – und das, obwohl knapp die Hälfte der an deutschen Filmhochschulen ausgebildeten Filmschaffenden Frauen sind.
Zudem erhielten Spielfilme von Frauen im Durchschnitt mit 660.000 Euro nur zwei Drittel der Fördersumme, die Männer für ihre Projekte bekamen. Insbesondere der Deutsche Filmförderfonds benachteilige Frauen.Im insgesamt niedrigeren Budget bei Regisseurinnen sehen die Forscherinnen den Grund dafür, dass Verleiher diesen Filmen ein geringeres kommerzielles Potenzial zusprechen und weniger Kopien einsetzen. Dies habe zur Folge, dass unter den kommerziell erfolgreichen deutschen Kinofilmen wenige von Frauen gedreht waren.
„So einen Murks kriegen auch Frauen problemlos hin“ | Hermine Huntgeburth über Frauenquote und Grimmepreis
SPIEGEL ONLINE: Engagieren Sie sich deshalb für die Initiative „Pro Quote Regie“, die fordert, dass in drei Jahren 30 Prozent aller Regieaufträge an Frauen gehen müssen?
Huntgeburth: Das Problem liegt ja nicht darin, dass Frauen den Einstieg ins Geschäft nicht schaffen. Beim ersten oder zweiten Film läuft meist alles noch ganz gut. Erst im Verlauf der Karriere werden Frauen langsam an den Rand gedrängt und kriegen immer weniger Aufträge. Da muss mit einer Quote dagegengesteuert werden.
SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich die Verdrängung von Regisseurinnen?
Huntgeburth: Vollständig erklären kann ich das nicht. Ich kann Ihnen nur erzählen, was ich von einer bekannten Drehbuchautorin gehört habe. Der wurde in einer Runde mit Redakteuren und Produzenten eine Liste von Namen vorgelegt, wer für die Regie in Frage käme. Darunter war keine einzige Frau. Als die Autorin nachfragte, warum das so sei, war die Antwort: „Uns fallen keine Regisseurinnen ein.“ Allein deshalb ist „Pro Quote Regie“ schon sinnvoll: Sie macht die Vielzahl von guten Regisseurinnen sichtbar, die es in Deutschland gibt und die Lust haben zu arbeiten.
MehrDeutscher Filmpreis: Eine herrliche Auszeichnung
SPIEGEL ONLINE, 19.06.2015
Beim Deutschen Filmpreis dürfen Frauen Preise überreichen und lächeln –
ausgezeichnet werden sie nicht. Weil sie die schlechteren Filme machen?
Nein, weil sie gar nicht erst die Chance bekommen, große Filme zu
drehen.
Ein Kommentar von Hannah Pilarczyk
Den vollständigen Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/deutscher-filmpreis-2015-kommentar-zum-maenner-ueberhang-a-1039630.html
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