Quelle: EDITION F | Silvia Follmann Gespräch mit Maike Höhne | Kuatorin der Berlinale Shorts und Mitglied von PQR
Maike Mia Höhne ist Kuratorin der Berlinale Shorts. Wir haben mit der Filmschaffenden darüber gesprochen, warum die Situation für Regisseurinnen noch immer so schlecht ist, welche Lösungen es geben könnte und welche Filme man sich unbedingt mal ansehen sollte.
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Wir brauchen eine Diversität im Erzählen
Ganz generell muss man ja sagen, dass du (leider) eine von wenigen bist. Weibliche Filmschaffende sind in Deutschland nach wie vor unterrepräsentiert. Auch, weil sie deutlich seltener als ihre männlichen Kollegen eine Filmförderung bekommen. Kannst du etwas Licht ins Dunkel bringen, warum wir hier einfach nicht weiterkommen?
„Da liegt stark an einem mangelnden kollektiven Gedächtnis, einer Richtschnur. Ich denke, es gibt schon viele Frauen in der Branche – viele Frauen, die Dokumentarfilme machen, einige Frauen, die Spielfilme machen. Ein Problem ist und bleibt, dass viele Filme von Frauen seit Beginn der Filmgeschichte nicht im Kanon auftauchen. Mit Kanon meine ich beispielsweise diese offiziellen ‚Die 100 besten Filme’ oder ‚Filme, die man gesehen haben muss’-Listen. Das heißt, die Frauen müssen sich immer wieder selbstständig neu begegnen. Jede Frau muss sich ganz anders festigen in der Filmwelt als zum Beispiel der weiße heterosexuelle Mann. An der Geschichtsschreibung und Filmgeschichtsschreibung muss dringend gearbeitet werden. Das ist im Kurzfilm ähnlich: Da gibt es auch keinen offiziellen Kanon, deswegen wissen viele jüngere Filmemacher gar nicht, was schon da war. Es können kaum Bezüge aufgestellt werden. Und wenn heute die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau ein Drittel weniger Lohn für den Polizeiruf bekommt als ihr Partner Charly Hübner, dann ist das auch nur ein Spiegel dessen, wie es ansonsten auch läuft. Als Begründung führte die Produktionsfirma an, er hätte ja mehr Preise als sie gewonnen. Gleiche Arbeit, gleiches Geld. Pro Quote hat in der Republik eine Diskussion angestoßen. Meryl Streep hat in den Staaten eine Förderung für Drehbücher von Frauen explizit über 40 Jahre gegründet: alles Schritte in die Richtung einer Diversität im Erzählen, die dringend notwendig ist.“
Ich habe das Gefühl, in Österreich sieht es für Regisseurinnen besser aus. Was wird dort besser gemacht?
„In Österreich ist es Mitte der 1990iger-Jahre zu einer dieser Sternstunden gekommen: An der Filmakademie in Wien haben sie alle zusammen studiert und damit dann die Welle des neuen österreichischen Films in Bewegung gesetzt: Barbara Albert, Jessica Hausner, Ruth Mader, Kati Resetarits, Christine A. Maier als Kamerafrau. Dazu kommt, dass Österreich eine ganz andere Tradition im filmischen Denken hat als die Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, das andere, was ja vermeintlich auch die weibliche Regisseurin ist, ist immer schon Teil der Diskussion gewesen. Durch die eben erwähnten Frauen kam diese Diskussion dann auch in die Spielfilmregie. Als Künstlerinnen waren und sind sie sowieso in der Erzählung präsent. Das Tapp- und Tastkino von Valie Export vorneweg – bildhaft! In Schweden gibt es seit einigen Jahren die auch von Pro Quote geforderte Quote vom Filminstitut. Und das funktioniert sehr gut. Die Anzahl von Frauen in der Regie ist sprunghaft angestiegen. Dazu kam der Erfolg der Produktionen. Das schwedische Fördersystem ist zudem spannend, weil die Antragstellerinnen von einer Person über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren begleitet werden. Also es geht nicht so sehr um Gremien, sondern vielmehr um eine verantwortliche Person, die immer ansprechbar ist. Das heißt auch Frauen, die Kinder bekommen, fallen so nicht aus dem Raster, weil der Kontakt einfach ein direkter ist. Das ist auf jeden Fall ein Modell das ich sehr interessant finde und gerne mit in die Diskussion bringen würde.“
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