Berlinale | Esther Gronenborn für Zeit-Online
„Qualität ist nicht messbar, eine Quote schon“.
Machen Frauen schlechtere Filme als Männer, oder warum sind sie so rar in der TV- und Filmbranche? Auch auf der Berlinale. Ein Gespräch über Frauen, Qualität und Quote.
Interview: Angelika Finkenwirth
Am Potsdamer Platz fällt auch in diesem Jahr ein Iglu auf, das am Rand der Berlinale steht. Bubble nennen es die Veranstalter von Pro Quote Regie. Im Innern der Blase wollen sie für mehr Einfluss von Frauen in Film und Fernsehen kämpfen. Mit dabei ist auch die preisgekrönte Regisseurin Esther Gronenborn.
ZEIT ONLINE: Frau Gronenborn, auf der Berlinale 2015 haben Sie mit Pro Quote Regie einen ersten Sieg errungen: Die ARD-Filmproduktionstochter Degeto versprach, eine Frauenquote in der Regie von 20 Prozent einzuführen. Was ist daraus geworden?
Esther Gronenborn: Die Quote ist erst im Herbst 2015 in Kraft getreten, deshalb fehlen uns noch valide Erfahrungswerte. Wir haben uns aber sehr über dieses Zeichen gefreut und sind optimistisch. Man muss aber auch sagen, dass 20 Prozent noch nicht genug sind – unser Ziel ist es, im Laufe der nächsten Jahre auf bis zu 50 Prozent zu kommen. Außerdem halten wir es für notwendig, ein Gendermonitoring für die Sender und auch für die Filmförderanstalten durchzuführen.
ZEIT ONLINE: Was ist Ihr Plan für die diesjährige Berlinale?
Gronenborn: Wir haben ein Bewusstsein für die Schieflage erreicht und wollen die Diskussion nun schärfen und gegen Vorurteile angehen. Etwa beim Thema Qualität, da wir bei unseren Forderungen nach mehr Diversität immer zu hören bekommen, dass die Qualität darunter leiden könnte. Susanne Pfab, die Generalsekretärin der ARD, hat beispielsweise zur Einführung der Frauenquote gesagt: „Geprüft werden soll, ob es gelingen kann, ab dem 1. August 2015 in den nächsten drei Jahren die Regieauswahl nach Qualitätskriterien mit einem selbst vorgegebenen Frauenanteil in der Regie von 20 Prozent zu vereinbaren.“ Ähnlich äußerte sich auch Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl: „Anschließend wird ausgewertet, ob diese Selbstverpflichtung zu Beschränkungen bei der Auswahl nach Qualitätskriterien führt.“ Das ist wie ein Schlag ins Gesicht, denn es heißt ja, dass man Regisseurinnen den Qualitätsanspruch abspricht. Komisch, dass es diese Diskussion in der bisherigen Männerdomäne Film noch nie gab.
(…)
ZEIT ONLINE: Wie sehen Sie das Verhältnis von Quote und Qualität?
Gronenborn: Qualität bewertet jeder anders. Für die einen ist es der Kassenerfolg oder die Einschaltquote. Für andere Innovationen oder künstlerischer Anspruch. Qualität ist in der Kunst nicht wirklich messbar. Wenn wir dann hören, dass es bei der Regieauswahl allein um die Qualität geht, muss man sich doch fragen, ob es wirklich Qualitätsentscheidungen sind – oder eher Konfidenzentscheidungen.
„Bei Besetzungsentscheidungen greifen Stereotype“
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